Spontan bin ich auf die Idee gekommen, die Spielbank in Wiesbaden zu besuchen, da es mich beruflich nach Hessen verschlagen hatte. Ich war völlig überrascht, wie imposant das Wiesbadener Kurhaus ist, in dessen hinterem Flügel sich die Spielbank befindet.
Das Problem in Deutschland ist, dass Pokern um verhältnismäßig niedrige Einsätze nicht üblich ist. Während in Vegas Blinds von $1/$3 angeboten wurden, ist das niedrigste Limit hierzulande meist €2/€4. Als ich jedoch das Casino betrat, war der 2/4-Tisch hoffnungslos ausgebucht mit ganzen 23 Spielern auf der Warteliste! Der Floor erklärte mir, dass er nicht die Absicht habe einen weiteren 2/4-Tisch zu eröffnen, jedoch bald ein weiterer 2/4/8-Tisch eröffnet wird. Bei diesen Tischen wird mit drei Blinds gespielt, das soll die Action erhöhen, aber entsprechend ist die Höhe des BigBlinds 8€! Ich entschied mich auf die nun kurze Warteliste für 2/4/8 zu setzen.

Da 2/4/8 fast drei Mal so hohe Einsätze sind, wie ich in Las Vegas spielte, entschied ich mich mit 50bb an den Tisch zu setzen, statt der üblichen 100bb, somit kaufte ich mich für 400€ ein. Das Game war völlig verrückt. Kaum kam ich an dem Tisch und verlor meine ersten vier Bigblinds, gab es eine Runde Chakalaka. Jeder, der mitmachen wollte, setzte 30€, danach wurde eine Omahahand gedealt. Man erklärte mir, dass am Flop alle Spieler die Wahl hätten, eine Wette in Höhe des Pots (240€) zu tätigen oder zu passen. Danach seien keine weiteren Setzrunden vorgesehen und die Hand ging zum Showdown. „It’s like roulette“, rief ein Spieler begeistert neben mir, aus dessen Mund Alkoholgeruch zu vernehmen war. Diesen Spieler konnte ich schon während meiner Wartezeit als Fish identifizieren! Ich bekam 569T double-suited und floppte 278 mit einem Flushdraw. Meine Bet wollte jedoch niemand callen und ich war plötzlich 200€ reicher, die ich allerdings in der nächsten Chakalakarunde mit einem sehr schlechten Call gegen zwei Spieler wieder ausgab. Chakalaka spielte man immer beim Dealerwechsel, also ca. alle 45-60 Minuten.
Auch das Hold’em-Game war verrückt. Einige Vollfishe, viele Limps und Calls preflop, aber zunächst keine wirklich interessanten Spots für mich außerhalb meiner Chakalakaswings, die ich mit 100€ Rebuy abfederte. Trotz dreier Blinds wurde gelegentlich sogar gestraddelt, einmal auch am Button, was die durchschnittlichen Einsatzhöhen pro Hand nochmals fast verdoppelt. Mit einem geschickten Preflop-4bet-Allin konnte ich mit A4s nicht nur 70€ vom Vollfish, sondern auch 70€ Deadmoney vom passiven Opa abgreifen. Nach zweieinhalb Stunden bekam ich A♥Q♦, floppte Two Pair, bekam es jedoch gegen die den passiven Opa rein, der die gleiche Hand umdrehte – immerhin 25€ Deadmoney zum Trost. Mit J♥J♠ squeezte ich preflop auf 140€ und hatte insgesamt einen Stack von 630€, als sich folgende Hand gegen einen Reg mit fishigen Tendenzen ereignete:
HERO EFFECTIVE 630
HERO SB A♦J♠
LJ RAISE 24
HERO RAISE 106
LJ CALL
FLOP K♦6♦8♣
HERO BET 76
LJ CALL
TURN 5♣
HERO CHECK
LJ CHECK
RIVER J♦
HERO CHECK
LJ BET EFFECTIVE ALL IN 458
Nun ja, was kann er da haben? Der Flush kommt an, jedoch halte ich das Karo-Ass und blocke viele seiner möglichen Flushes. Die einzige Kombination zweier Karos, die ich ihn legitim vor dem Flop gegen das mehr als viermal so hohe Re-Raise spielen sehe, ist Q♦10♦ und vielleicht noch 10♦9♦, dann wird es mit seiner Valuerange aber ganz dünn, da ich ihn einen König am Turn for protection auf dem connected doublesuit board setzen sehe. Daher entschied ich mich, hier zu bluffcatchen.
HERO CALL 465
SHOWDOWN
VILLAIN SHOWS A♣Q♣
HERO wins €1300 with a pair of Jacks.
Kurz darauf zahlte ich 40bb an eine bessere Straight eines Gegners, war aber immer noch solide 350€ im Plus. Die nächste Hand ereignete sich gegen den gleichen Reg, den ich wieder aus den Blinds re-raiste – dieses Mal jedoch als Squeeze auf 170€ mit A♦A♠ und mit einem dritten Spieler, einem Fish, als Kundschaft. Wieder spielte ich eine kleine Bet am K-High-Flop, die den Fish verscheuchte, am Turn heads-up kam plötzlich ein weiteres A♥. Da hier der Gegner häufig KQ oder KJs hält, habe ich Angst, diese Kombos mit einer weiteren Bet zu verscheuchen, zumal ich etwa 80% des Pots behind habe. So geht der Turn ohne Einsätze zu Ende und der River blankt. Ich schiebe meinen Stack in die Mitte, der Reg überlegt, findet aber leider keinen Herocall gegen mich. Hier könnte ich alternativ klein am Turn betten oder größer am Flop betten, um mehr Value aus dem Reg zu quetschen, mein All-In sah doch recht stark aus.

Viel Großes passierte nicht mehr und ich verließ den Tisch am Ende mit 1046€, also 546€ Plus. Spektakulär war jedoch der 3500€-Pot des passiven Opas mit Flush over Flush gegen denjenigen Reg, der schon knapp 1000€ an mich verloren hatte. Nur wenige Hände später schob der auf einmal gar nicht mehr so passive Opa seine 3500€ mit KK gegen AA eines anderen Regs preflop all-in – und verweigerte das Run-It- Twice. Die Aces hielten und der Reg erhielt sein vorzeitiges Weihnachtsgeschenk zur Feier des Tages.
